backRezensionen Mittel- und Südamerika


MIÚCHA
Compositores

(Pygamlion Records/ Indigo CD 2396-2)
14 Tracks, 54:49; mit portugies. Texten

Einfühlsame Hommage an den Bossa Nova und seine Schöpfer. Miúcha widmet dieses nostalgische Album all den großen Komponisten und Freunden, mit denen sie auf der Bühne und im Studio stand. Mittlerweile ist die Grande Dame aus Brasilien 64 Jahre alt, aber mit ihrer warmen, gefühlvollen Stimme verzaubert Miúcha wie vor 30 Jahren, als sie an der Seite von Stan Getz sang und mit Tom Jobim auf Welttournee ging. Hierzulande ist Miúcha fast unbekannt, als Schwester des unvergleichlichen Poeten Chico Buarque, Ehefrau von João Gilberto und Mutter von Sängerin Bebel Gilberto stand sie immer ein wenig im Schatten der berühmten Verwandtschaft. Zu unrecht, denn wenn man die brasilianischen Klassiker von Annodazumal auflegt, ist es nicht selten Miúcha, deren Stimme man hört. Auf "Compositores" versammelt sie nun die Crème de la Crème der Bossa Nova. Neben ihrem Bruder Chico oder Guinga ist u.a. ihr langjähriger Freund Vinicius de Morães gleich mit drei Kompositionen vertreten. Baden Powell steuert "Refém da Solidão" bei, Edu Lobo und Moacir Santos brillieren mit musikalischen Kostbarkeiten wie "Lembre-se" oder "Canção inédita". Und von Tom Jobim und João Donato ist gar ein bisher unveröffentlichtes Stück zu hören. Musikalisch unterstützt wird Miúcha von zahlreichen namhaften Musikern wie Francis Hime am Piano, Cellist Jacques Morelenbaum oder Bassist Jorge Helder. Ein echter Klassiker!

Suzanne Cords

 


GILBERTO GIL
Z. 300 anos de Zumbi

(Indigo/ Exil Musik 2239-2)
10 Tracks, 38:56; mit portugies. Infos

Ballettmusik mal ganz anders: Da brüllen plötzlich Affen, heulen und lamentieren Frauen im Chor und stampfen Füße rhythmisch. Dann ertönt kriegerischer Gesang, Gils unverkennbare, charismatische Stimme. Eigentlich entstanden diese Aufnahmen 1995 als außergewöhnliche Klanguntermalung einer Bühnenaufführung zum 300. Todestag Zumbis. Das war der letzte legendäre Herrscher über die Republik Quilombo Palmares im Nordosten Brasiliens, Fluchtstätte tausender entflohener Sklaven im 17. Jahrhundert. Fast 100 Jahre lang trotzten die stolzen, überwiegend afrikanischen Krieger im bergigen Hinterland allen Angriffen der portugiesischen Kolonialherren, bis sie schändlich von einem der ihren verraten wurden. Zumbi wurde 1694 geköpft. Heute gilt er als Nationalheld der Afro-Brasilianer, ein Symbol gegen den Rassismus.

Vor sieben Jahren lud also São Paulos Ballettdirektorin Ivonice Satie die senegalesische Choreografin Germaine Acogny ein, um eine Hommage an Zumbi zu inszenieren. Unter Gilberto Gils und Produzent Rodolfo Stroeters Federführung entstand die Geräuschkulisse, tatkräftig unterstützt von Percussionderwisch Carlinhos Brown .

Ursprünglich war die Bühnenmusik nicht zur Veröffentlichung bestimmt, und das hatte wohl auch seinen Sinn: Denn selbst wenn das Resultat klangtechnisch unter die Haut geht, ohne dazugehöriges Bühnenspektakel kann man sich vor allem die gebrüllten und geheulten Passagen nur bedingt zumuten.

Suzanne Cords

 


HERMANOS AYALA
Bomba de Loíza

(Indigo/ Exil 2038-2)
19 Tracks, 58:41

Wenn man in Puerto Rico von "Bomba" spricht, hat man keine feindseligen Absichten, sondern Musik im Hinterkopf. "Bomba" heißt nämlich Trommel, und der Bomba-Rhythmus ist ein Erbe der ehemaligen Sklaven. Er gilt heute als Synonym für perkussives Feuerwerk und virtuose afro-hispanische Tänze, die auf den Zuckerrohrplantagen entwickelt wurden. Die instrumentale Hauptrolle spielen dabei verschiedene Fasstrommeln und die Holzstöcke Maracas und Palillos. Dazu ertönt die beschwörende Stimme eines Vorsängers, dem ein Chor antwortet, bevor sich alle einem wilden, dramatischen Tanz hingeben. Traditionelle Hahnenkämpfe, Flirt und Verführung, Feldarbeit oder Fischfang sind Themen der traditionellen Stücke, die mal dramatisch oder melancholisch, mal fröhlich und ausgelassen daherkommen. Das Ballet Folklorico Hermanos Ayala ist Puerto Ricos älteste und bekannteste Bomba-Band. Seit über 40 Jahren repräsentieren die 17 Percussionisten, Tänzer und Sänger aus dem Ayala-Clan ihre Insel bei internationalen Festivals. Das vorliegende Album ist das erste Hördokument der Show, produziert von Jazzposaunist William Cepeda, bekanntem Sohn der Insel und Nachbar der Geschwister Ayala.

Suzanne Cords

 


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