Liebe Musikfreundinnen und -freunde,
in seinem Editorial in der jüngsten Ausgabe der amerikanischen
Zeitschrift Sing Out! fasst Herausgeber Mark Moss seine Eindrücke von
der Weltmusikmesse Womex in Essen zusammen. Dabei kommt er zu dem Ergebnis,
dass sich Folk- und Weltmusikszene sehr ähnlich sind, wenn es darum
geht, offen für das jeweils andere Genre zu sein: Scheuklappen aller
Orten! Diesen Eindruck kann ich nur bestätigen. Es gibt Vertreter beider
Szenen, die schon mit dem jeweiligen Begriff Folk bzw. Weltmusik Probleme
haben. So soll beispielsweise den Abgesandten der amerikanischen Folk Alliance
in Essen deutlich gemacht worden sein, dass den im European Forum Of Worldmusic
Festivals zusammengeschlossenen Veranstaltern das Wort Folk ein Dorn im Auge
sei und man sich für die für 2005 in Montreal geplante gemeinsame
Konferenz von Folk Alliance und Strictly Mundial einen anderen Namen einfallen
lassen müsse. Szenenwechsel. Statt der Verleihung des Womex Awards 2002
an den armenischen Duduk-Virtuosen Jivan Gasparyan beizuwohnen, machte ich
mich am letzten Tag der Womex auf dem Weg nach Düsseldorf, um einen
der seltenen Auftritte von Liedermacherlegende Dieter Süverkrüp
zu erleben. Anlässlich der Veröffentlichung eines 4-CD-Boxsets
und eines Buches, beide unter dem Titel Süverkrüps Liederjahre
1963-1985ff, las und sang Süverkrüp im
Heinrich-Heine-Institut. Am Rande der Veranstaltung wurde ich der Managerin
einer Kleinkunst-Künstlerin vorgestellt, die mir berichtete, das
Schnupper-Abo des Folker! bestellt zu haben ... um das Abo jedoch gleich
wieder zu kündigen, weil, Zitat, der Folker! nicht nur über
Liedermacher berichtet. Von dem Angebot der kostenlosen
Veröffentlichung der Auftritte mache man jedoch gerne Gebrauch. Wie
gesagt, Scheuklappen aller Orten! Womex in Essen und eine
Liedermacher-Veranstaltung in Düsseldorf, zwei Welten, die sich darin
einig zu sein scheinen, nicht über den eigenen Tellerrand hinausschauen
zu wollen. Das wird den Folker! jedoch auch in Zukunft nicht davon abhalten
können, daran zu arbeiten, Mauern der Ignoranz einzureißen und
dazu beizutragen, die verbindenden Elemente von Folk, Lied und Weltmusik
in der Berichterstattung aufzuzeigen.
Auf drei Dinge in eigener Sache will ich an dieser Stelle eingehen.
Immer wieder erreichen uns Zuschriften von Veranstaltern, in denen darum
gebeten wird, den Redaktionsschluss für die Terminseiten auf einen
späteren Zeitpunkt zu legen. In diesem Zusammenhang will ich einmal
auf die Möglichkeit hinweisen, selber ganz aktuelle Termine in die
Folker!-Homepage zu setzen. Ein Blick unter www.folker.de sagt Ihnen, wie
das geht. Zudem meine ich, dass jeder, der sechs Wochen vor einem Tourneebeginn
noch nicht weiß, wo er spielen soll, sich bewusst darüber sein
muss, dass eine sinnvolle Werbung für die entsprechenden Konzerte ohnehin
kaum noch möglich sein dürfte.
Häufig werde ich auch gefragt, nach welchen Kriterien eigentlich
Beiträge ins Heft genommen würden. Das erfordert eigentlich eine
längere Antwort. Nur soviel sei an dieser Stelle dazu gesagt.
Natürlich spielt zunächst die Aktualität einer Geschichte
eine wichtige Rolle, aber auch, ob es sich um ein Thema handelt, das nach
Ansicht der Redaktion von Interesse für die Leserschaft sein könnte.
Im Unterschied zu vielen anderen Musikmagazinen gibt es beim Folker! jedoch
grundsätzlich kein Junktim zwischen der Anzeigenschaltung einer Plattenfirma
und dem jeweiligen Beitrag. Das gereicht dem Folker! zum Vor- wie zum Nachteil.
Der so erreichten journalistischen Unabhängigkeit steht ein erhöhtes
finanzielles Risiko gegenüber. Gerade für den Folker! gilt daher:
je mehr AbonnentInnen, umso unabhängiger ist das Blatt in seiner
redaktionellen Gestaltung.
Im Zusammenhang mit der Erstellung des neuen PROFOLK-Adressbuches
will ich zum Abschluss noch klarstellen, dass der Folker! im Interesse einer
besseren Vernetzung der Szene die jüngste Aktion zur Aktualisierung
des veralteten Adressenmaterials unterstützt, aber weder als Herausgeber
noch als Macher des Adressbuches auftritt. Die inhaltliche Verantwortung
liegt ganz in den Händen von PROFOLK.
Damit soll es dann auch wieder einmal genug sein mit meinen
persönlichen Anmerkungen zur Lage. Der Folker! geht Dank Ihrer
Unterstützung in das sechste Jahr seines Erscheinens. Bei der Lektüre
des ersten Heftes des Jahres 2003 wünscht viel Vergnügen
Ihr Folker!-CvD
Michael Kleff
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