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THE COPPER FAMILY OF ROTTINGDEAN - Come Write Me DownTHE COPPER FAMILY OF ROTTINGDEAN
Come Write Me Down

(Topic Records/inakustik TSCD534)
28 Tracks, 71:31; mit Texten u. Infos

Die Copper Family aus dem Küstenort Rottingdean in der Nähe von Brighton nimmt in der Geschichte der englischen Folkmusik eine Sonderstellung ein. Hier findet man eine über 200 Jahre alte bis heute ungebrochene Familientradition in Sachen traditionellem a-capella-Gesang.

Die vorliegenden 40-50 Jahre alten Aufnahmen von Jim und John (die ältere Generation) sowie Ron und Bob (die jüngere Generation) sind ausgesprochen lebendig. Es ist Bob – mittlerweile auch bereits 87 Jahre alt, aber immer noch aktiv -, der das öffentliche Bild der Copper Family besonders nachhaltig geprägt hat, nicht zuletzt durch die zahlreichen Buchveröffentlichungen über sein Heimat-County Sussex.

Das Repertoire der Familie hat gerade heutzutage, da sich viele englische Musiker fragen, wo denn bei all der Begeisterung für keltische Musik gerade ihre künstlerische Identität liegt, einen enormen Stellenwert. Hier sind jene Lieder in ihren Erstaufnahmen zu hören, die anlässlich des englischen Folk-Revivals sozusagen zu Hits wurde z.B. „Spencer The Rover”, „Hard Times Of Old England” oder „Adieu, Sweet Lovely Nancy”.

Neben der musikalischen und historischen Attraktivität schwelgt die Veröffentlichung in Dokumentationen bester Topic-Tradition. Gleich zwei Booklets erhellen den Hintergrund: 38 Seiten mit Texten und Erläuterungen, 60 Seiten über die Copper Family und eine sozio-musikalische Analyse ihres Repertoires. Vorbildlich!

P.S. :Ein Besuch in Rottingdean lohnt sich, speziell im Heimatmuseum, wo neben den Coppers auch Kipling („Dschungelbuch”) gefeiert wird.

Mike Kamp


MERCEDES PEÓN - IsuéMERCEDES PEÓN
Isué

(Resistencia/Galileo RESCD106)
11 Tracks, 38:49; mit galiz. span. u. engl. Texten

Die CD beginnt mit einem gellenden Schrei. Von da an lässt einen die ergreifende Stimme der galizischen Sängerin Mercedes Peón nicht mehr los. Diese Stimme ist es auch, die den Bogen schlägt zwischen Dance-Floor-Tracks und ruhigen Stücken wie dem ausschließlich von einer sparsamen Akkordeonbegleitung getragenen „Marabilla“. Mercedes Peón dürfte neben Uxía die herausragendste Sängerin des neuen galizischen Folk sein. Im Gegensatz zu dieser Altmeisterin spielt Peón auch die Gaita, den galizischen Dudelsack und die verschieden großen Pandeiretas (Tamburine). Die Gaita, das Akkordeon und die Zanfona (Drehleier) bestimmen denn auch den Gesamtklang des Albums. Dabei entsteht ein spannender Dialog zwischen akustischen Instrumenten und elektronischen Sounds. Mein Lieblingslied ist allerdings das eindringliche, zu Gitarrenklängen gesungene „Deixa“. Als „De-composed Traditional Music“ bezeichnet der Neapolitaner Daniele Sepe sein in dieser Ausgabe rezensiertes neues Album. Mit diesem Untertitel könnte man auch das stark von arabo-andalusischen Einflüssen geprägte „Isué“ bezeichnen. Von Mercedes Peón werden wir sicher noch mehr hören!

Martin Steiner


ERIKA PLUHAR & DAS ENSEMBLE KLAUS TRABITSCH - Lieder vom Himmel und der ErdeERIKA PLUHAR & DAS ENSEMBLE KLAUS TRABITSCH
Lieder vom Himmel und der Erde

(Extraplatte EX 528-2)
19 Tracks, 61:33; mit Texten u. Info

„Um einfache Philosophie und philosophische Einfachheit“ geht es Erika Pluhar auf ihrer neuen CD. Ihre Texte handeln von Freude und Zorn, von Endlichkeit und von Weiterleben und – immer wieder von der Liebe. Da ist das Lied „Du fährst mit mir“, in dem es heißt „Wo i bin – wo i bleib – da bist a du“. Schöner kann man in wenigen Worten eine Beziehung kaum beschreiben, zumal das Ganze, wie alle anderen Lieder auch, von Pluhars Begleiter Klaus Trabitsch feinfühlig musikalisch umgesetzt wird. Sie bezeichnet seine Kompositionen daher auch treffend als „Heimat für ihre Lieder“. In „Schaut's euch die Leut an“ erzählt Erika Pluhar von den Politikergesichtern der Welt. Aber, sie will kein Lied schreiben, das nicht auch eine Möglichkeit der Bejahung enthält. Daher kommen auch die Leute vor, die das sind, was sie wirklich sind, und nicht, was sie scheinen – die Liebe in den Augen haben, die ihre Meinung sagen. Von den neunzehn Liedern besonders beeindruckend ist „I mag´s net“. Da zählt Erika Pluhar auf, was sie alles nicht mag – Politikern, die nie eine Antwort geben, Menschen, die Alte und Tiere allein lassen und Menschen, die an alles glauben, was ihnen täglich vorgesetzt wird. Unaufdringliche (politische) Lieder im Dialekt, die ans Herz gehen.

Michael Kleff


MARI BOINE - Eight Seasons / Gávcci JahkejuoguMARI BOINE
Eight Seasons / Gávcci Jahkejuogu

(Universal Musik LC 00699)
12 Tracks, 63:05; CD ohne alles

Das Fehlen von Infos erschwert die Sache, z.B. beim Erwähnen der hervorragenden Begleitmusiker, die auf dem Cover nicht verzeichnet sind. Ich weiß aber, dass der Pianist Bugge Wesseltoft und der Trompeter Nils Petter Molvær dabei waren. Mari Boine, die aus der Liedermacherszene stammt, kehrt auf dieser CD zu ihren Wurzeln zurück, es gibt kaum Joikanklänge (wenngleich der Choral „Mu váibmu vádjul doppe“dabei ist, den sie bei der Hochzeit des norwegischen Kronprinzen sang, in der norwegischen Presse heftig angefeindet wurde, weil unchristlicher Joik angeblich fehl am Platze sei, wenn das künftige Oberhaupt der lutherischen Staatskirche sich verehelicht, aber es kann wirklich nur ein samischfeindlicher Presseheini hier Joik heraushören). Es gibt Josh Macrae-mäßige Gitarrenintros und fast erwarten wir, die Forderung nach Freilassung Ramenskys zu hören, aber so weit geht die Künstlerin nun doch nicht, sondern bleibt zumeist beim Samischen. Nur manchmal klingt's dann doch sehr fremd, dann singt sie auf Englisch, einer Sprache, die ihr hörbar nicht liegt – wozu das nun gut sein soll, da sie auf Samisch immerhin zu Weltruhm gelangt ist, ist ein Rätsel, ansonsten ist's es aber eine wohlklingende und musikalisch spannende Produktion.

Gabriele Haefs


DANIELE SEPE - Senza  Filtro – A Sampler of De-composed Traditional Music from South ItalyDANIELE SEPE
Senza Filtro – A Sampler of De-composed Traditional Music from South Italy

(Dunya Felmay/Just records Babelsberg Fy 8049)
13 Tracks, 54:21; mit Texten u. Infos

Respektlos geht der Herr mit dem süditalienischen Liedschatz der Tarantellas und Tamuriatas um. Nehmen wir beispielsweise die „Tarantella Guappa“: Da hört man sich ein in diesen kalabresischen Traditional, alles ist gut, Schlaggitarren, Tarantellagesang, eindringlich gespielter süditalienischer Folk eben – dann plötzlich, ein Saxophonstoß, noch einer, doch die Sänger und Gitarra-Battente-Spieler geben nicht auf, doch bei all diesen Breaks muss die traditionelle Fraktion kapitulieren, die Elektrogitarre heult auf, Jazz, Funk geben den Ton an. Wo ist die Tarantella geblieben? Weg für immer? Aber nein, Daniele Sepe setzt immer noch eine Überraschung drauf. Die Musik des Saxophonisten und Multiinstrumentalisten zu beschreiben, ist nicht gerade einfach: Hier die traditionelle Musik – dort Jazz, Rock, Ska oder klassische Anleihen. So witzig und verspielt tönen Traditionals kaum mehr und so ideenreich war Folk-Rock noch selten. Im respektlosen Umgang mit der Tradition zeigt Sepe, wie viel Respekt er vor ihr hat. Mit dem Sampler „Senza Filtro“, der fünf unveröffentlichte Stücke enthält, versucht das Felmay-Label, Daniele Sepe außerhalb Italien bekannt zu machen. Wurde langsam Zeit, der Mann verdient Respekt.

Martin Steiner


SKYEDANCE - Live In SpainSKYEDANCE
Live In Spain

(Greentrax Recordings/Fenn Music Service CUL119D)
15 Tracks, 69:39; mit Infos

Die schottisch-amerikanische Formation Skyedance hat schon einige bemerkenswerte CDs veröffentlicht. Das ist nicht völlig verwunderlich, denn das Sextett hat renommierte Künstler wie Eric Riegler (Pipes), Paul Machlis (Keyboards) und besonders Alasdair Fraser (Violin) in seinen Reihen. Im Oktober 2000 tourte die Band durch Spanien und lud lokale Künstler auf die Bühne, die ebenfalls internationalen Staus besitzen, z.B. den Piper Hevia, den Akkordeonisten Kepa Junkera oder die extrovertierte Sängerin Mercedes Peón (s.a. Rezension in diesem Heft). Was diese Truppe live mit dem Skyedance-Repertoire aus traditionell-schottischen sowie eigenen Kompositionen anstellt, das muss man gehört haben. Ähnliches hat wahrscheinlich das Publikum empfunden, denn es geht von Anfang bis Ende enthusiastisch mit. Besonders das „Tail Toddle Finale“ mit der kompletten Besetzung strahlt soviel Power aus, dass eine mittlere Kleinstadt ihren täglichen Energiebedarf damit decken könnte. Tatsächlich ist die CD eine großartige Demonstration dessen, was eine Ansammlung extrem kompetenter Musiker ähnlicher Kulturkreise gemeinsam zu Ohr bringen kann. Ganz gleich, ob man das keltische Label benutzen will oder nicht. „Live In Spain“ ist mit Sicherheit eine der besten Veröffentlichungen in 2002.

Mike Kamp


ARZ NEVEZ - KejadennARZ NEVEZ
Kejadenn

(Molène Musiques GRI 19 155-2)
11 Tracks, 46:51; Booklet mit franz., bret. u. engl. Erläuterungen

Yves Ribis ist ein bretonischer Komponist und Gitarrist. Bekannt wurde er Anfang der 90er-Jahre als Mitglied der Pop-Folk-Gruppe Glaz. Jetzt aber macht er in einer ganz anderen Musiksparte von sich reden. 1997 gründete er das Streichquartett Arz Nevez, für das er bretonische Tanzmelodien, Klagelieder (Gwerze) und Choräle arrangierte. Die erste CD des Projekts, „Pevar en aval“, gewann im Jahr 2000 den bretonischen „Grand Prix de Disque“ für das beste Debutalbum. Jetzt liegt das zweite Arz-Nevez-Album vor und enttäuscht. Zwar ist es hier und da angenehmer anzuhören als der Erstling, weil Yves Ribis die klassische Instrumentierung diesmal aufgelockert hat. Ribis selbst spielt gelegentlich Gitarre, außerdem werden diesmal auch Percussion, Akkordeon und Mandoline eingesetzt. Was aber fehlt, ist die Strenge der (vermeintlich) klassischen Form, die am Erstling so faszinierte. Natürlich ist es gut, dass Ribis dieses Konzept nicht einfach für die zweite CD kopierte, aber diesmal hat er leider gar kein greifbares Konzept. Die CD hat weder den Sound von Klassik, noch den von Folk und auch als Synthese ist die CD zu diffus. Dass vom ursprünglichen Streichquartett nur noch ein Musiker mit dabei ist, unterstreicht noch den Eindruck von Beliebigkeit.

Christian Rath


HAUGAARD UND HØIRUP - LysHAUGAARD UND HØIRUP
Lys

(Danish Folk Music Production GO0501)
13 Tracks, 53.12; CD mit dän./engl. Infos

Herr Høigaard spielt Geige, Herr Haug Gitarre, außerdem singt er, und zusammen gehören sie absolut zum Besten, was die dänische Szene derzeit zu bieten hat. Fast alle Stücke auf dieser CD sind traditionell, obwohl auch der Kirchenmusiker N. W. Gade ein Stück beigesteuert hat, und auch Herr Høirup selber tritt als Komponist ein Erscheinung. Sie bringen Rheinländer (aus Randers, obwohl das Stück „Norwegischer Rheinländer“ heißt), jede Menge Polsk, Schottische (ebenfalls aus Dänemark) und ein Menuet de France, das, „mit Frankreich rein gar nichts zu tun hat“ (dänische Infos) bzw. „nie in Frankreich gewesen ist“ (englische Infos), des weiteren singt Herrr Haug schier betörend und die CD ist kurz und gut ein wahrhaft echter Ohrenschmaus.

Gabriele Haefs


TINY TONES - PreciousTINY TONES
Precious

(Ram Bam Productions RAM 0002)
15 Tracks, 42:28

Dieses Duo aus Finnland gräbt ganz tief in der Americana-Fundgrube und wird fündig: vom American Songbook („Undecided“) bis zum späten Chicago Blues-Doyen Willie Dixon („Mellow Down Easy“), vom Folk-Songster Leadbelly („Sylvie“) bis zu Bob Dylan („I Shall Be Released“) reicht das Spektrum. Die Hauptstimme des Duos heißt Susanne Raulamo und ihr wunderbarer Sopran hält Vergleichen mit Emmylou Harris und Victoria Williams stand. Selbst eine so riskante Sache wie die Interpretation des Folk-Standards „Glory, Glory“ gelingt ihr ohne Peinlichkeit. Ihr Ehemann Jussi Raulamo ist ein erfindungsreicher Gitarrist, der mit allen möglichen alten Klängen experimentiert und dessen Lieblings-Verstärker ein antikes Röhrenradio sein soll. Er produziert auf diese Art einen abwechslungsreichen, geerdeten Sound und erinnert mich in seiner Experimentierfreude an den legendären Les Paul. Auch offene Stimmungen der Folk-Tradition sind ihm nicht unbekannt („Hymn In G“). Die Produktion des Albums ist ehrlich bis zur Selbstverleugnung: Low-Fi für Liebhaber. Die Instrumentierung ist sparsam und effektvoll. Außer Gitarren hört man noch Bodhrán, gespielt von der Vokalistin, und es gibt minimalisiertes Schlagwerk, wenn es swingen soll. Gelegentlich steigt auch ein Pianist mit ein, auf einen Bassisten hat man gänzlich verzichtet. Eine CD mit Coverversionen und Arrangements von Traditionals könnte heutzutage nicht spannender sein.

Jörg Eiben


WOLFSTONE - Almost An IslandWOLFSTONE
Almost An Island

(Once Bitten Records OBRCD 002)
10 Tracks, 44:08; mit Texten

Auch im 13.Jahr halten sie die Fahne des schottischen Heavy-Folk-Rock hoch. Nach all den persönlichen und geschäftlichen Enttäuschungen, die Wolfstone in der Vergangenheit erfahren mussten, soll diese CD der kraftvolle, eigenverantwortliche Neubeginn sein. Tatsächlich?

Die vier Lieder sind nicht übel, aber auch nicht mehr, was vielleicht daran liegt, dass Stuart Eagleshams Stimme einfach nur nett, keinesfalls jedoch ausdrucksstark ist. Und was die sechs Tunes angeht, so laufen die meist nach dem gleichen Schema ab. Das Stück startet dezent, dann lässt man es krachen, die Gitarre dröhnt, das Schlagzeug hämmert und die Pipes spielen die Melodie. Das ist mir zu fantasielos. Gast Brian McNeill hatte bei der Produktion die Finger im Spiel und Gast Phil Cunningham greift nicht nur in die Tasten, sondern steuert auch das interessanteste Stück bei, „5/4 Madness“. Alleine der Titel verspricht, dass sich die Melodie nicht ohne Gegenwehr zerstampfen lässt.

Erfolgreicher Neubeginn für Wolfstone? Der sympathische Fiddler Duncan Chisholm ist davon überzeugt, ich bin leider eher skeptisch.

Mike Kamp


TRI YANN - TrilogieTRI YANN
Trilogie

(Mercury/Universal 558 895-2)
3-CD-Box mit Booklet im Buchformat
52 Tracks, 181:06

Im Dreierpack bietet die vorliegende Sammlung einen bis Anfang der neunziger Jahre reichenden Überblick über die Karriere dieser bretonischen Folkgruppe. Die „drei Hanseln aus Nantes“ (Tri Yann An Naoned) gehören neben Alan Stivell zu den Wegbereitern des Folkrevivals in der Bretagne (s. Folker! 6/98). Wobei sie musikalisch ganz unterschiedliche stilistische Phasen durchmachten. Beschränkten sich die drei Ur-Jeans zunächst auf traditionelle Gesänge, begleitet vom üblichen Folkinstrumentarium wie u.a. Gitarre, Banjo, Geige und Dulcimer, so prägten, vor allem in den 80er Jahren, Folkrock-Elemente a la Steeleye Span und Fairport Convention die Musik der französischen Band. Später kamen auch Hardrock-Klänge und Pop-Melodien hinzu. Thematisch geht es fast auf allen Alben von Tri Yann um die Geschichte der Bretagne und der dort lebenden Menschen. Auf dem 1981 erschienenen Konzeptalbum „Le soleil est vert“ kämpften sie gegen ein Atomkraftwerk im bretonischen Plogoff. Mit der „Suite gallaise“ widmeten sie 1974 ein ganzes Album der bretonischen Kultur und Sprache. Und auf der CD „Le Vaisseau de Pierre“ vertonten Tri Yann 1988 eine Comic-Geschichte von Pierre Christin und Enki Bilal, in der es um den Kampf der Bewohner eines kleinen Dorfes an der bretonischen Küste gegen ein gigantisches Touristenzentrum geht. Für Fans bretonischer Musik, die nicht schon alle Platten von Tri Yann im Regal stehen haben, ein absoluter musikalischer Leckerbissen. Wer kein Französisch spricht, kann sich im buchartigen Booklet allerdings nur an den zahlreichen Fotos erfreuen.

Michael Kleff


P 18 - ElectropicaP 18
Electropica

(Tabata Tour/Exil/Indigo Musik Musik 1827-2)
11 Tracks, 54:21

P 18 ist ein Planquadrat auf dem Pariser Stadtplan. Hier, im 18. Arrondissement, wohnt Tom Darnal, Ex-Kollege von Manu Chao und früher mal Keyboarder bei der unvergessenen Multi-Kulti-Truppe Mano Negra. Seit 1996 ist P 18 auch ein franco-kubanisches Musikprojekt, bei dem sich der kreative Kopf, inspiriert durch längere Kuba-Aufenthalte, mit seiner vielköpfigen Truppe so richtig austobt. Die kubanischen Größen Iré Iré und die Rumba-Formation Clave Y Guaguancó sind ebenso mit von der Partie wie Femi Kuti, der als Gast mit seinem Altsaxophon um die Ecke schaut. Das elektronische I-Tüpfelchen setzt dann Tonmeister Laurent Collart. Santeria-Rituale, Maschinensound, Afro-Beat, Electronic Beat, Groove, Reggae, Drum and Bass, Latin Funk und House: alles verschmilzt zu einem zündenden Feuerwerk von der Seine. Erfrischend experimentell, ein schweißtreibender, tanzbarer Hochgenuss.

Suzanne Cords


DIVERSE - Rembetika – Songs Of The Greek Underground 1925-1947DIVERSE
Rembetika – Songs Of The Greek Underground 1925-1947

(Trikont/Indigo Musik US – 293)
Do-CD, 45 Tracks, 149:55; mit dt. Texten u. Infos

Flamenco, Fado, Tango und ganz besonders Blues, das sind die Vergleiche, die gerne gezogen werden, wenn die Sprache die Rembetika kommt. Dabei klingt für die meisten von uns diese Musik nach Gyros & Ouzo, was absolut unsinnig ist. Schließlich war auch Anthony Quinn zwar „Alexis Sorbas”, aber kein Grieche. Rembetika als Musik des Lumpenproletariats ab Mitte/Ende des 19. Jahrhunderts, das trifft den tatsächlichen Sachverhalt schon eher. Türkisch-griechischer Cross-Over wäre eine andere zulässige Erklärung. Lieder über Liebe, Gefängnis, Unterwelt und Haschisch (zu Zensurzeiten interessanterweise durch „ouzo” ersetzt) . Vor allem und immer wieder Lieder über Haschisch; da wird gekifft, was die Argiles (= Wasserpfeife) hergibt. Man traf sich vor allem in den Tekedes, den illegalen Haschkneipen, wo dann auch Rembetika gespielt und getanzt wurde. Die 50 Jahre bis ca. 1940 werden als die Blüte der Musikgattung angesehen, die Aufnahmen stammen sämtlichst aus dem zweiten Teil dieser Periode und wurden zusammengestellt von dem Musik-Enzyklopädisten Christos Davidopoulos. Lieder zur Bouzouki (hier Buzuki geschrieben), zur Baglamas, Tsura, Lauto und/oder dem Hackbrett Sanduri. Eine CD in der guten Tradition von der bislang konkurrenzlosen Trikont-Doppel-CD „Fünf Griechen in der Hölle”, auf der auch einige der hier zu hörenden Künstler vertreten sind.

Mike Kamp


TRE  MARTELLI - Semper  VivTRE MARTELLI
Semper Viv

(Dunya Felmay/Just records Babelsberg fy 8048)
23 Tracks, 72:14; mit Infos

Mit „Semper Viv“ feiern Tre Martelli ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum. Tre Martelli sind neben La Ciapa Rusa und Cantovivo die wohl bedeutendste Formation des Piemontesischen Folk. Im Unterschied zu diesen fließen bei Tre Martelli kaum moderne Einflüsse in ihre traditionellen Themen. Die Anthologie zeigt die Gruppe als Bewahrer der Kultur des südlichen Piemonts. Trotz wechselnder Besetzung tönt die CD wie aus einem Guss. Streicher, Ziehharmonika, Drehleier, Flöten und Saiteninstrumente bilden die Grundlage dieser zeitlos schönen Musik. Dank der Vielfalt der Instrumente und der verschiedenen Sängerinnen und Sänger kommt bei den Polkas, Mazurkas und Walzern keine Langeweile auf. Am besten zu genießen bei einem Glas Barbaresco, Blauschimmelkäse und Trüffeln.

Martin Steiner


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