backRezensionen Asien


DIVERSE
Flight of the Soul - Qawwali from Pakistan
(Wergo/Schott SM 1534-2)
6 Tracks, 73:32; mit Texten, Übers. & Essay von P. Pannke

Wenn große Persönlichkeiten von der Bühne des Lebens und somit auch von der musikalischen Bühne abtreten, hinterlassen sie zumeist eine große Lücke. Wie groß diese Lücke nach dem Tod Nusrat Fateh Ali Khans vor gut fünf Jahren gewesen ist, darüber möchte ich nicht witzeln; wahr ist aber, dass sich seitdem keiner seiner potentiellen Nachfolger so breitenwirksam in Szene singen konnte wie die Symbolfigur aus Faisalabad.

Dass dies nicht etwa an mangelnder Qualität, sondern eher an recht Profanem wie Marketing, Hype oder Zeitgeist liegen mag, davon können sich Musikliebhaber anhand der vorliegenden CD überzeugen. Mit einem informativen Essay (in dem z.B. erklärt wird, warum die Qawwal-Ensembles immer "Party" heißen...) bringt uns Produzent Peter Pannke die Aufnahmen zweier Bands näher, die er im Mai 1997 in den Studios des SFB auf Festplatte speichern konnte: Da ist zum einen das strikt traditionell orientierte Ensemble des heute 67-jährigen Bahauddin Qutbuddin, sowie die musikalisch eher 'weltoffen' agierende Formation um Asif Ali Khan und Manzoor Hussain. Besonders letzterer hört man die Teilnahme an zahlreichen Weltmusik-Festivals deutlich an: Die Einleitung zu "Kafi" hätte auf jedem fais do-do in New Orleans bestanden und einige Holzbläser-Passagen klingen, wenn ich so sagen darf, ausgesprochen klesmerisch oder tarafig. Der König mag tot sein, aber seine Musik ist lebendiger denn je!

Walter Bast


MÄSHRÄP
(PAN Records PAN197)
15 Tracks, 73:56; mit Texten u. Infos

Das Ensemble Mäshräp ist eine Musikerfamilie, Mutter, Vater und Sohn. Sie sind Uiguren und leben seit 1989 in Holland. Mäshräp bedeutet großes Fest mit Essen, Trinken und Gesang. Die Uiguren sind eine der größten ethnischen Minderheiten in China. Viele kennen das Land unter der Bezeichnung Ostturkestan, und in China heißt es offiziell das autonome Gebiet Xinjiang.

Die Gruppe spielt auf dieser CD traditionelle uigurische Lieder auf den typischen Instrumenten ihrer Kultur: auf der langhalsigen, siebensaitigen Laute Rawap, auf der vierseitigen, kleinen Geige Gijak, auf der Königin der uigurischen Instrumente,der Dutar und auf dem Rhythmusinstrument Daf.

Die Musik, die hier gespielt wird und die in der zentralasiatischen Kultur seit Jahrhunderten verwurzelt ist, nennt man Muqam,. In ihrer Musik werden die Einflüsse verschiedener Musiktraditionen deutlich, mit denen Ostturkestan in Berührung kam, wie mit China, der Mongolei und den arabischen Ländern.

Frauen spielen eine große Rolle in der uigurischen Musik. Das zeigt auch die Stimme von Gülendem Abbas, die diese Lieder vorträgt. Sie ist eine gründlich ausgebildete Sängerin und war in China Mitglied des Pekinger Orchesters. Die große stimmliche Ausdruckskraft von Gülendem Abbas macht diese Musik zu einem besonderen Erlebnis. Obwohl auch die Instrumentalisten durchaus zu den Könnern ihres Fachs gerechnet werden müssen, überstrahlen Person und Stimme der Sängerin sie deutlich. Man wünscht sich, dass dieses Ensemble bald viele Fans findet.

Suleman Taufiq


EGSCHIGLEN
Zazal
(Heaven & Earth HE 10/Harmonia Mundi)
13 Tracks, 62:03; mit dt., engl. u. franz. Infos

Wie werde ich Pop-Star im Jahre 2002? Lektion 1: Simplifizieren Sie Ihren Nachnamen möglichst auf amerikanisches Niveau oder benutzen Sie gleich Ihren Vornamen! Lektion 2: Widersprechen Sie niemals einem Produzenten! Lektion 3: Vergessen Sie Ihre künstlerischen Ansprüche! We're only in it for the money...

Nun ja, Lektion 1 haben sie gelernt: Amra, Boogi, Saran, Tume, Tumruu und Uugan klingt doch schon ganz hübsch nach geklontem Bro'Sis, kommen wir zu Lektion 2: Wiewas? Die wollen nicht zackig-deutsch aerobicen? Kein shake-your-tits-Video machen? Und singen wollen die auch noch selbst? Ja, sind die denn noch zu retten? - Und was ist mit Lektion 3, hm? Waaas? Die wollen "Yes Sir I can boogie" nicht covern? Und "Fly Robin Fly" auch nicht? Und stattdessen...ihre eigenen Stücke...Die hamse doch nicht mehr alle!!!

Richtig, Herr Produzent, mit den sechs Damen & Herren von Egschiglen ist in der Tat kein Charts-Staat zu machen. Dennoch ist "Zazal" Popmusik vom Feinsten! Nur eben auf der Basis traditioneller mongolischer Musik, inklusive aller Ingredienzien wie archaischem Gesang, historischem Instrumentarium etc. - Und da es im Pop bereits eine geräumige Nische für Björk'sche Exzentrik, Boine'schen Schmanaismus und Kuvezin'sche Kehlkopfartistik gibt, sollten sich Egschiglen dort bequem einrichten können.

Walter Bast


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