backRezensionen Buena Vista Commercial Club


Der Kuba-Boom ist noch immer nicht vorbei, noch angesagter sind aber derzeit Blaskapellen-CDs. Wo bleibt die Verbindung? Keine „Havanna-Horns“, keine „Buena Vista Blues Brassers“, nicht mal „Ibrahim Ferrer meets Fanfare Ciocarlia“. Schade eigentlich, ein wenig mehr Experimentierfreude täte den Plattenfirmen gut. Die Musiker haben sie längst. Trotzdem Freude über das „neue“ Album von Sierra Maestra. Erste Verwirrung beim Betrachten des Covers, Ex-Band-Líder Juan de Marcos Gonzalez ist zu sehen, und zu hören ist er auch, obwohl er längst die Afro Cuban All Stars leitet. Jesús Alemany ist nicht zu sehen, aber zu hören, stattdessen ist sein trompetender Nachfolger abgelichtet. Wasndalos? Man muss das Booklet ganz lesen, um zu erfahren, dass das Album den Titel „Puro Sabor Cubano“ trägt und dass es bereits1994 eingespielt wurde. Eine Liste der Musiker erhält man gar nicht, nicht mal der geniale Sonero Maceíto findet Erwähnung. Das alles ist so traurig, dass man die CD auflegen muss, um gute Laune zu kriegen. Und dann wird's mollig, Sierra Maestra at it´s best, Son as Son can: so klingt das Original. Deutlich in New York zu platzieren ist Manny Oquendo, der die Timbales schon an der Seite von Kenny Dorham, Tito Puente, Dizzy Gillespie oder Eddie Palmieri vermöbelte. Die Band marschiert durch, was das Zeug hält, und darüber erlesenste Soli ­ gekonnter kann man afro-kubanische Musik und Jazz kaum verbinden, und alleine der Querflöter ist die Anschaffung wert. Ärgerlich, dass die Musiker nicht erwähnt werden. Ländlich geprägt, wenn auch modern arrangiert, ist die Musik von Celina González, die den Klassiker „Que Viva Changó“ geschrieben hat. Ihre große Zeit hatte sie in den 50-ern, doch ihre Stimme ist immer noch eine Pracht. Guajiras, Sones und Guarachas sind das Territorium, auf dem sie sich am sichersten bewegt, und das seit 50 Jahren. Ob mit kleiner Besetzung oder Big Band, die Dame überzeugt. Der Sound indessen nicht immer, vermutlich wurden hier ältere und jüngere Aufnahmen zusammengestellt, worüber aber keine Auskunft gegeben wird, auch nicht über die Bands. Blöd, so was. Einen ganzen Zacken peppiger kommt Aramis Galindo daher, der Sound ist im New-York-Stil salsafiziert und mit reichlich Timba durchsetzt, wie die aktuelle Musik Kubas heißt ­ das hat ordentlich Feuer, ist einfallsreich arrangiert, sehr solide gespielt und überhaupt ziemlich klasse. Ebenfalls exzellent produziert, musikalisch aber etwas nostalgischer ist das Album von Osdalgia. Knapp 30 Leute sorgen für einen fulminanten Klang, aus dem die Dame sich mit ihrer unglaublichen Stimme mühelos abhebt. Erinnert sehr an die Edelröhre von Jacqueline Castellanos. Besonders zu empfehlen ist die Interpretation von Gershwins „Summertime“. Wer das Album auf Partys einsetzt, darf sich auf Szenenapplaus einstellen, das Teil brät mächtig los. Zum Schluss aber doch noch eine CD, die aus der Reihe tanzt. Ronald Rubinel hat ein Dutzend kubanischer Klassiker wie „Chan Chan“, „El Carretero“ oder „Guantanamera“ durch die Zeitschleuse getreten und sie aufgerappt, immer so, dass man sie erkennt, aber doch kaum wiedererkennt. Ein witziger und respektloser Umgang mit dem alten Stoff, und gut gemacht auf jeden Fall. Das Album ist ungeeignet für Leute, die Klassiker für heilig halten: Schockgefahr. Wen Rap nicht schreckt, der hat hier seinen Spaß, und ich hatte ihn sogar, obwohl mich Rap oft schreckt. Aber eben nicht immer.

Luigi Lauer

Sierra Maestra
Sierra Maestra (Puro Sabor Cubano)
(Edenways 2008-2/Bellaphon)
15 Tracks, 58:34; Info span./franz./engl./dt.

Manny Oquendo y su Conjunto Libre
(Edenways 2009-2/Bellaphon)
11 Tracks, 72:26; Info span./franz./engl./dt.

Celina González
The Cuban Legend
(Edenways 2017-2/Bellaphon)
21 Tracks, 69:02; Info span./franz./engl.

Aramis Galindo
Esto tiene cohimbye
(06-0801)
11 Tracks, 53:10; Texte span.

Osdalgia
Mi Armonia
(Lusafrica 362552)
11 Tracks, 41:25; Texte span.

Ronald Rubinel
Barrio Cubano – Rap de Cuba
(Sonodisc 7412/Bellaphon)
12 Tracks, 55:33


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